Angesichts der jüngsten Pandemie haben nicht nur medizinische Kreise, sondern die gesamte Gesellschaft klinischen Prüfungen viel Aufmerksamkeit geschenkt. Aus diesem Grund ist die Definition einer klinischen Prüfung gegenwärtig allgemein bekannt. Kurz gesagt handelt es sich um jede Untersuchung unter Beteiligung von Menschen zum Zwecke der Aufdeckung oder Bestätigung klinischer, pharmakologischer, darunter pharmakodynamischer, Wirkungen von Arzneimitteln, unter anderem zur Identifikation von Nebenwirkungen und zur Bestätigung der Sicherheit sowie der Wirkung eines neues Mittels auf den menschlichen Organismus (Quelle: Art. 2 Ziff. 2 des Pharmagesetzes, Gesetzblatt 2008, Nr. 45, Pos. 271, mit späteren Änderungen). Was muss jedoch gesehen, damit ein neu entdecktes und im Labor untersuchtes Element die Patienten erreicht? Dieser komplexe Prozess ist Gegenstand der sogenannten translationalen Forschung.

In der Biomedizin spricht man davon, dass die translationale Forschung auf der Übertragung (engl. translation) wissenschaftlicher Erkenntnisse „vom Labortisch zum Patientenbett“ (engl. bench-to-bedside) beruht. 2003 wurde sie in einem zweistufigen Modell dargestellt, wobei sich sie die Stufe T1 auf das bereits erwähnte bench-to-bedside bezieht und T2 die Übertragung des im Rahmen klinischer Prüfungen erlangten Wissens auf die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit umfasst. Gegenwärtig wird jedoch allgemein ein vierstufiges Modell angewandt, bei dem:

  • T1 als Übertragung des bei Laboruntersuchungen erlangten Grundwissens auf klinische Anwendungen verstanden wird. Diese Stufe beruht auf der Vertiefung des Wissens über die menschliche Physiologie und der Suche nach Möglichkeiten für seine Nutzung in der Medizin. Mit ihr verbunden sind unter anderem präklinische Studien und Tierversuche sowie Prüfungen der „Erstanwendung beim Menschen” (engl. FIH – first in human);
  • T2 betrifft die Übertragung theoretischen Wissens auf die Versorgung der Patienten, also mit anderen Worten die Überprüfung der Wirksamkeit neuer Behandlungsmethoden;
  • T3 beschreibt die Einführung neuer Empfehlungen und Richtlinien in die routinemäßige Praxis, bei der neue, allgemeine Anwendung findende, Behandlungsschemata entstehen;
  • T4 umfasst die Translation neuer Praktiken auf die öffentliche Gesundheit, wobei die Bevölkerungsgesundheit beeinflussende Faktoren analysiert werden und Ziel die Erarbeitung von Methoden zu ihrer Verbesserung ist.

Wodurch unterscheidet sich also die translationale Forschung von der Grundlagenforschung oder der Angewandten Forschung? Die Grundlagenforschung ist eine methodische Forschung, deren Ergebnis nur die Steigerung der Kenntnisse im Bereich der Naturwissenschaften ist. Sie umfasst jedoch nicht Aspekte der praktischen Anwendung des durch sie erworbenen Wissens. Beispielsweise ist die biomedizinische Grundlagenforschung darauf ausgerichtet, das Wissen über Krankheitsprozesse zu vertiefen, wobei Zellkulturen oder Tiermodelle genutzt werden. Die translationale Forschung bildet eine Art Teilmenge der Angewandten Forschung, die sich mit der praktischen Verwendung wissenschaftlicher Kenntnisse befasst.

Obwohl die translationale Forschung einen relativ neuen Begriff darstellt, wird sie gegenwärtig auf der ganzen Welt anerkannt. In den Vereinigten Staaten haben die Nationalen Gesundheitsinstitute (engl. National Institutes of Health – NIH) 2006 ein spezielles Programm (engl. Clinical and Translational Science Awards (CTSA) Program) eingeführt, dessen Ziel es ist, die Zusammenarbeit im Rahmen eines Netzwerks von Forschungszentren zu fördern, womit der Prozess der Durchführung translationaler Forschung verbessert werden und die Möglichkeit einer schnelleren Bereitstellung neuer Behandlungsmethoden zugunsten einer größeren Gruppe von Patienten geschaffen werden soll.

Was die frühere zweistufige Unterteilung betrifft, stellt T1 oft T2 aus offensichtlichen Gründen in den Schatten. Die Ergebnisse von T1 sind gewöhnlich viel spektakulärer, weil sie eine neue faszinierende wissenschaftliche Entdeckung oder eine Gerätschaft betreffen, deren Bekanntgabe allgemeine Begeisterung auslöst und dem glücklichen Erfinder enorme Gewinne verschafft. Erhebliche Vorteile für die gesamte Gesellschaft kann man jedoch dadurch erzielen, dass man der Entwicklung von T2 stärkere Beachtung schenkt. Die Möglichkeit, gelungene medizinische Eingriffe in Krankenhäusern oder im häuslichen Bereich durchzuführen, hängt von der Wissenstranslation nicht nur in der Biotechnologie oder bei modernen Therapien ab, sondern auch in anderen grundlegenden Wissenschaftsfeldern wie der Psychologie, der Epidemiologie, dem Behaviorismus oder der Ökonomie. Die Erarbeitung neuer Methoden, um Patienten eine sichere Betreuung dann zu gewährleisten, wenn sie diese benötigen, ist eine ungemein schwierige Herausforderung und hat Einfluss auf die allgemeine Gesundheit der Gesamtbevölkerung. Dieses Vorhaben wird nur dann erfolgreich sein, wenn die Transformation der öffentlichen Gesundheitssysteme auf eine Weise gelingt, dass die Bewältigung sämtlicher Hindernisse in Gesellschaft und im Umfeld möglich sein wird. Nicht erst seit heute ist schließlich bekannt, dass die Armut bei der Erkennung krankheitsverursachender Faktoren eine ebenso wesentliche Rolle spielt wie die Proteomik.

 

 

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